Am 21.9.2018 hat Mark Lowcock, der UN Nothilfe Koordinator, dem Sicherheitsrat Bericht zur aktuellen Lage im Jemen erstattet (Video, kompletter Text des Berichts im englischen Original). Lowcock sagte “Wir haben jetzt möglicherweise einen Punkt erreicht, wo die Situation kippt und wonach ein Massensterben aufgrund von Nahrungsmangel unvermeidbar sein wird.” Mit anderen Worten: Im Jemen droht eine humanitäre Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes.
Es ist wiederholt gesagt worden, dass in den internationalen Medien kaum über den Krieg im Jemen berichtet wird, obwohl dieser Krieg nun schon seit vier Jahren geführt wird. Aber selbst wenn über den Krieg im Jemen berichtet wird, wird oft nicht deutlich, wie sehr die westlichen Regierungen durch ihren Waffenhandel mit den kriegsführenden Parteien in den Konflikt verwickelt sind. Hier werden zehn EU Länder aufgeführt, die Waffen an die von Saudi Arabien geführte Koalition verkaufen. England ist der größte Exporteur, gefolgt von Frankreich und Deutschland.
Aber der Protest gegen diesen Waffenhandel wächst und wird lauter. So hielt die englische Abgeordnete Emily Thornberry vor kurzem im House of Commons eine engagierte Rede gegen den Waffenhandel der englischen Regierung mit Saudi Arabien. Thornberry verlangte die sofortige Einstellung weiterer englischer Waffenexporte an Länder, die im Krieg im Jemen beteiligt sind. Der deutsche Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich kritisierte im Februar dieses Jahres die deutsche Beteiligung am Krieg in Jemen und verlangte ein sofortiges Ende deutscher Waffenexporte an Saudi Arabien. In Italien bemüht sich der Lokalpolitiker Mauro Pili seit Jahren darum, auf den Waffenexport von Sardinien nach Saudi Arabien aufmerksam zu machen. Von den Bomben, die in Sardinien hergestellt und nach Saudi Arabien verkauft wurden, konnte nachgewiesen werden, dass sie im Jemen eingesetzt wurden. Auch Marco Pili hat sich im italienischen Abgeordnetenhaus für ein Verbot von Waffenexporten nach Saudi Arabien ausgesprochen. (1) Der französische Präsident Emmanuel Macron hat im April den Waffenexport nach Saudi Arabien verteidigt, aber Umfragen zufolge wollen 75% der Franzosen, dass ihre Regierung den Waffenhandel mit Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten einstellt.
Das erste EU Land, das reagiert hat, waren die Niederlande, die seit März 2016 keinen Waffenhandel mehr mit Saudi Arabien betreiben. Die spanische Regierung schien dem Beispiel zu folgen und hatte im September dieses Jahres einen Vertrag gekündigt, dem zufolge Waffen an Saudi Arabien hätten geliefert werden sollen. Aber dann machte die Regierung einen spektakulären Rückzieher von dem Rückzieher und die Waffen werden nun doch ausgeliefert. Man kann nur inständig hoffen, dass die Länder, die noch Waffen an die von den Saudis geführte Koalition liefern, bald dem Beispiel der Niederlande folgen werden, allen voran die drei Hauptexporteure, England, Frankreich und Deutschland. Tatsächlich hat die Bundesregierung aber gerade erst weitere Exporte genehmigt.
Professorin Martha Mundy hat Daten zu den Bombardierungen im Jemen gesammelt und ausgewertet. Sie ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass die drohende Hungerkatastrophe kein Nebeneffekt des Krieges ist, sondern gezielt von den kriegsführenden Parteien herbeigeführt wurde. Seit Herbst 2016 wurden systematisch landwirtschaftliche Einrichtungen angegriffen und Infrastruktur, die zum Transport von Nahrungsmitteln dient. Die jemenitische Fischwirtschaft wurde ebenfalls gezielt angegriffen: 2017 wurden 220 Boote zerstört, 142 Fischer getötet und fast alle Häfen, an denen es Fischhandel gab, bombardiert. Die jemenitische Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion liegt am Boden, die Lebensmittelpreise steigen dramatisch und immer weniger Menschen können sich das Überlebensnotwendige leisten.
Der Krieg im Jemen und die indirekte Beteiligung der europäischen Länder durch Waffenexporte muss dringend thematisiert werden. Es muss lauter und engagierter dagegen protestiert werden. Ein Waffenstillstand im Jemen muss so schnell wie möglich erreicht werden. Das Leben von Millionen von Jemeniten hängt davon ab.
Podcast vom 6.11.2018 im Guardian. In dem Beitrag wird der Umfang der englischen Beteiligung am Krieg erläutert.
(1) In der Sendung "Die Anstalt" vom 27. März 2018 geht es um deutsche Waffenexporte und wie Regelungen für den Waffenexport von deutschen Rüstungsfirmen umgangen werden. Dort wird u.a. auch die zu Rheinmetall gehörende Firma auf Sardinien erwähnt, von der Bomben nach Saudi Arabien exportiert wurden. In Sardinien hergestellte Bomben wurden nachweislich im Krieg gegen den Jemen eingesetzt.
Stop the War in Yemen (deutsche Organisation)
Stop the War coalition (britisch)
Yemen – Rete della Pace (italienisch)
Rete italiana per il Disarmo (italienisch)
Petitionen gegen den Krieg im Jemen von
Oxfam
change org
der belgischen Sektion von Amnesty International
Humanitäre Situation im Jemen: Bericht von Ärzte ohne Grenzen (französische Seite)