Botox oder kein Botox? Das ist hier die Frage
Nachdem in Großbritannien im letzten Jahr die Schönheitsoperationen wieder stark zugenommen haben, schrieb die Journalistin Paula Cocozza „perhaps one day the uncommonplace face will be the one that looks unworked – upon, and a thoroughly wrinkled face or sagging breasts will look not just old, but old-fashioned.“ (The Guardian, 3.2.2014). Genauer sollte man vielleicht sagen, das unoperierte weibliche Gesicht könnte in Zukunft das ungewöhnliche Gesicht sein. Dass diese Entwicklung Männer wie Frauen gleichermaßen betrifft, kann doch niemand ernsthaft behaupten. Im vergangenen Jahr verzeichneten die britischen Schönheitschirurgen rund 14.000 Operationen im Gesichtsbereich (Augenlidkorrektur, etc.). Von diesen wurden mehr als 90% an Frauen vorgenommen.
Dass gutes Aussehen für viele Frauen in jedem Alter ein zentrales Thema ist, ist nicht neu. Auch nicht, dass selbst Feministinnen sich bei der Frage schnell uneinig werden, ob Schönheitsoperationen ein geeignetes Mittel darstellen dieses Ziel zu erreichen. Sicher ist auch, dass gutes Aussehen in kaum ein einem Beruf für eine Frau so wichtig ist wie dem der Schauspielerin. Gerade deshalb haben mich die Interviews mit zwei Schauspielerinnen in einer Dokumentation über Gene Kelly nachhaltig beeindruckt. In der Doku kommt u. a. die auch im Alter weitgehende faltenfreie, aber leider kaum wieder erkennbare, Cyd Charisse zu Wort. Ebenfalls interviewt wird die drei Jahre ältere, ihrem Alter entsprechend aussehende, Kathleen Freeman. Die Unterschiede zwischen den beiden könnten kaum größer sein. Auf der einen Seite die international bekannte Cyd Charisse, deren unbewegliches Gesicht und damenhaftes Gebaren kaum mit der ausdrucksstarken, kraftvollen Schönheit in Einklang zu bringen ist, die man aus den Musical-Filmen der 50er Jahre kennt. Daneben die international eher unbekannte Kathleen Freeman, an die ich mich überhaupt nur wegen ihrer Rolle in Singing in the Rain erinnern konnte. (Sie spielt die Sprachtrainerin Phoebe Dinsmore, die erfolglos versucht, dem piepsstimmigen Stummfilmstar Lina Lamont eine vollere Stimme zu verleihen). Zum Zeitpunkt der Interviews ist die Karriere Cyd Charisses längst beendet. Freeman hingegen kann nicht nur auf eine ununterbrochene Berufslaufbahn als Film- und Bühnenschauspielerin zurückblicken, sondern ist immer noch im Geschäft (sie wird bis kurz vor ihrem Tod arbeiten). Das allein scheint schon ein sehr bemerkenswerter Unterschied. Noch viel bemerkenswerter aber ist der gegensätzliche Eindruck, den die beiden Frauen beim Zuschauer hinterlassen. Während die eine deutlich versucht, so viel wie möglich vom einstigen Glamour aufrecht zu erhalten und in diesem Bemühen steif, gehemmt und gestrig wirkt, sprudelt die andere vor Leben. Auch Freeman erzählt gern von vergangenen Zeiten, lebt aber deutlich im Hier und Jetzt. Freemans gealtertes Gesicht ist dasjenige, das (noch immer) ausdrucksstark und beweglich ist. Man sieht darin nicht nur viel Lebenserfahrung, sondern auch sehr viel Lebensfreude.
Gefühle spielen in unserem Leben eine existenzielle Rolle und nur, wenn sie für andere Menschen auch sichtbar sind, können wir uns ihnen wirklich mitteilen. Jeder Wald- und Wiesenpsychologe weiß wie wichtig nonverbale Kommunikation ist. Wie aber will sich jemand mitteilen, bei dem ganze Gesichtspartien dank Botox lahmgelegt sind oder operativ starr gemacht wurden? Beschränken wir (Frauen) uns da nicht selber in einem sehr grundlegenden Bereich? Ist straffe Glätte wirklich Lebendigkeit vorzuziehen? Sollte Lebendigkeit tatsächlich langsam altmodisch werden, möchte ich gern so altmodisch sein wie Vivienne Westwood.
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Dass gutes Aussehen für viele Frauen in jedem Alter ein zentrales Thema ist, ist nicht neu. Auch nicht, dass selbst Feministinnen sich bei der Frage schnell uneinig werden, ob Schönheitsoperationen ein geeignetes Mittel darstellen dieses Ziel zu erreichen. Sicher ist auch, dass gutes Aussehen in kaum ein einem Beruf für eine Frau so wichtig ist wie dem der Schauspielerin. Gerade deshalb haben mich die Interviews mit zwei Schauspielerinnen in einer Dokumentation über Gene Kelly nachhaltig beeindruckt. In der Doku kommt u. a. die auch im Alter weitgehende faltenfreie, aber leider kaum wieder erkennbare, Cyd Charisse zu Wort. Ebenfalls interviewt wird die drei Jahre ältere, ihrem Alter entsprechend aussehende, Kathleen Freeman. Die Unterschiede zwischen den beiden könnten kaum größer sein. Auf der einen Seite die international bekannte Cyd Charisse, deren unbewegliches Gesicht und damenhaftes Gebaren kaum mit der ausdrucksstarken, kraftvollen Schönheit in Einklang zu bringen ist, die man aus den Musical-Filmen der 50er Jahre kennt. Daneben die international eher unbekannte Kathleen Freeman, an die ich mich überhaupt nur wegen ihrer Rolle in Singing in the Rain erinnern konnte. (Sie spielt die Sprachtrainerin Phoebe Dinsmore, die erfolglos versucht, dem piepsstimmigen Stummfilmstar Lina Lamont eine vollere Stimme zu verleihen). Zum Zeitpunkt der Interviews ist die Karriere Cyd Charisses längst beendet. Freeman hingegen kann nicht nur auf eine ununterbrochene Berufslaufbahn als Film- und Bühnenschauspielerin zurückblicken, sondern ist immer noch im Geschäft (sie wird bis kurz vor ihrem Tod arbeiten). Das allein scheint schon ein sehr bemerkenswerter Unterschied. Noch viel bemerkenswerter aber ist der gegensätzliche Eindruck, den die beiden Frauen beim Zuschauer hinterlassen. Während die eine deutlich versucht, so viel wie möglich vom einstigen Glamour aufrecht zu erhalten und in diesem Bemühen steif, gehemmt und gestrig wirkt, sprudelt die andere vor Leben. Auch Freeman erzählt gern von vergangenen Zeiten, lebt aber deutlich im Hier und Jetzt. Freemans gealtertes Gesicht ist dasjenige, das (noch immer) ausdrucksstark und beweglich ist. Man sieht darin nicht nur viel Lebenserfahrung, sondern auch sehr viel Lebensfreude.
Gefühle spielen in unserem Leben eine existenzielle Rolle und nur, wenn sie für andere Menschen auch sichtbar sind, können wir uns ihnen wirklich mitteilen. Jeder Wald- und Wiesenpsychologe weiß wie wichtig nonverbale Kommunikation ist. Wie aber will sich jemand mitteilen, bei dem ganze Gesichtspartien dank Botox lahmgelegt sind oder operativ starr gemacht wurden? Beschränken wir (Frauen) uns da nicht selber in einem sehr grundlegenden Bereich? Ist straffe Glätte wirklich Lebendigkeit vorzuziehen? Sollte Lebendigkeit tatsächlich langsam altmodisch werden, möchte ich gern so altmodisch sein wie Vivienne Westwood.
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